Informed - Als Product Owner besser informiert sein

10 Tipps, um als Product Owner besser informiert zu sein

Ich lese zurzeit das sehr spannende Buch „Product Mastery: From Good to Great Product Ownership“ von Geoff Watts. Nach Geoff sollte ein großartiger Product Owner DRIVEN sein:

  • Decisive: Willing and able to make decisions with incomplete information, and to allow others to make decisions too.
  •  Ruthless:  Maintaining a relentless drive to maximise value and minimise risk while staying focused on the vision.
  • Informed:  Cultivating a voracious appetite to know the most possible about your product’s domain while being prepared to act with incomplete information.
  • Versatile:  Being responsive to changing circumstances, both in terms of product development techniques and also leadership style.
  • Empowering:  Creating a sense of shared ownership amongst all stakeholders and bringing people along with you on the journey.
  • Negotiable:  Having faith in one’s vision while also being open to feedback and change.

Als Product Owner gut informiert zu sein bedeutet, dass du die Produktdomäne, den Markt, die Kunden und Nutzer, als auch das Team und die Stakeholder gut kennst. Du gehst neugierig auf die Menschen zu und hörst genau, was gesagt und was nicht gesagt wird. Du beobachtest das Verhalten, dass was getan und nicht getan wird. Ebenfalls bist du dir deiner eigenen confirmation bias (Bestätigungsfehler) bewusst und suchst gezielt nach anderen Meinungen, anstatt nur nach Bestätigung deiner Annahmen.

Welche Informationen brauche ich als Product Owner und wie erhalte ich sie?

  1. Informiert zu sein, bedeutet, du kennst die Produktdomäne, den Markt, die Kunden und Nutzer. Aber auch die Menschen um dich herum, das Team und die Stakeholder. Achte darauf, was die Menschen sagen und tuen bzw. nicht sagen und nicht tuen. Hinterfrage immer das was dir dein Team nicht erzählt.
  2. Stelle CHILD Fragen. Diese Fragen sind
    •  curious: sei aufrichtig neugierig, höre zu, um zu verstehen
    •   humble: vertraue und zeige, dass du nicht alles wissen kannst
    •  illuminating: bringe Licht ins dunkle und zeige neue Optionen oder Sichtweisen auf
    •  limitless: lasse das hypothetische und unmögliche zu, damit falsche Annahmen aufgedeckt werden
    •  direct: sei dir bewusst, wann, wie und in welchem Kontext du jemanden direkt eine Frage stellst
  3. Vertraue deinen Instinkten und validiere sie mit echten Erkenntnissen. Geoff Watts: ”Make fewer assumptions—to rely more on observation”. Finde einen guten Mittelweg zwischen Intuition und validiertem Wissen.
  4. Sei Neugierig, spreche regelmäßig mit deiner Zielgruppe und beobachte, wie sie das Produkt nutzt. Oft ist das tatsächliche Verhalten der Menschen anders, als wie sie es dir im Gespräch beschreiben. Margaret Mead “What people say, what people do, and what they say they do are entirely different things”.
  5. Nutze echte Daten um Produktentscheidungen zu treffen. Roman Pichler: ”Customer feedback is the basis for ideas. Customer data is the basis for decisions”. Beispiel: Ein Spielehersteller publiziert viele Demoversion von Spieleideen. Die Demos mit der intensivsten Nutzung werden letztendlich entwickelt und herausgebracht.    
  6. Visualisiere neue Ideen und zeige sie deiner Zielgruppe. Nutze low-fidelity Prototypen deiner Idee (z.B. Papierskizzen), um ein erstes Feedback zu erhalten. Validiere deine Ideen so schnell wie möglich, denn Zeit ist Geld.
  7.  Mache dir deine eigene Realitätsverzerrung bewusst. Anais Nin: ”We don’t see the world as it is, we see it as we are”. Oft sehen wir einfach nur das, was wir erwarten zu sehen. Im Besonderen, achte auf Bestätigungsfehler (confirmation bias). Dies ist die Neigung, Informationen so auszuwählen, zu ermitteln und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen erfüllen. Dies ist der Grund, warum Menschen ihre einmal gefasste Meinung nicht mehr so leicht ändern. Produt Owner entwickeln dann das Produkt, wovon sie feste glauben, dass ihre Kunden es sich wohl so wünschen.
  8. Suche gezielt nach anderen Meinungen z.B. im Backlog Refinement oder im Sprint Review, um Bestätigungsfehler zu minimieren.
  9. Der viel Zitierte Ausspruch von Henry Ford:“If I had asked people what they wanted, they would have said faster horses.” trifft auf revolutionäre und innovative Änderungen zu. Bei bestehenden Produkten, wo es um evolutionäre Verbesserungen geht, können die Kunden sehr konkret mitteilen, was sie sich wünschen.
  10. Nutze das Kano-Modell, um zu bestimmen, welche Ideen wie sehr von deinen Kunden gewünscht sind.
    • Basic-Features werden von den Kunden vorausgesetzt und sorgen nicht für gesteigerte Kundenzufriedenheit. Sind sie vorhanden ist der Kunde neutral gestimmt, sind sie nicht vorhanden, ist der Kunde allerdings übermäßig enttäuscht
    • Linear-Features steigern in dem Maße die Kundenzufriedenheit, in welchem sie vorhanden sind (z.B. je größer das Hotelzimmer, je zufriedener der Kunde).
    • Attractor-Features werden vom Kunde nicht erwartet, führen aber zu einer immensen Zufriedenheit, wenn sie positiv überraschen.
    •  Indifferent-Features sind solche, die weder erwartet werden, noch für Enttäuschung sorgen und in Summe keinen Einfluss auf die Zufriedenheit haben.
    •  Reverse-Features kann man mit „zu viel des Guten“ bezeichnen. Sie nerven oder überfordern die Kunden irgendwann, z.B. wenn Personalisierungseinstellungen einer Applikation zu vielfältig und komplex werden, dass sie nicht mehr verstanden werden. 

Product Owner Self-Coaching

  • Was könnte dein Blinderfleck sein, mit Bezug auf Realitätsverzerrung und Bestätigungsfehler?
  • Wie könntest du dir deine Blindenflecken bewusster machen?
  • Wer könnte eine objektivere oder neutralere Perspektive in Diskussionen einbringen?
  • Welche Botschaft über dein Produkt haben Menschen versucht dir mitzuteilen, die du bisher ignoriert hast.
  • Wenn dein Produkt ein lebendes, sprechendes Wesen wäre, was würde es dir sagen?
  • Was würdest du gerne über dein Produkt in Erfahrung bringen bevor du es publizierst? Wie kannst du das tatsächlich vorher herausfinden?
  • Wie gut kennst du dein Team?
  • Wie kann es dir, dem Team und dem Produkt helfen, wenn du dein Team noch besser kennen würdest?
  • Wie kannst du deinen Entwicklungsprozess so gestalten, dass genug Zeit da ist, Antworten für aufkommende Fragen zu finden?
  • Stelle CHILD Fragen:
    • curious
      •  Ich frage mich wieso…
      • Was wäre, wenn…
      • Ist es nicht interessant, dass…  
    • humble
      • Ich weiß nicht, was denkst du über …
      • Ich bin hier nicht der Experte, …
      • Ich würde gerne deine Sichtweise über … erfahren.
    •  Illuminating
      • Gibt es eine Verbindung zwischen …
      • Was hilft uns das bzgl. …
      • Was bedeutet es, wenn …
      • Wenn ihr für dieses Feature zahlen müsstet, was würde es finanzielle attraktiver machen?
    • Limitless
      • Wenn wir völlig freie Hand hätten, …
      • Wenn tatsächlich besser sind, als wir denken, …
      • Wenn mit allem was wir bisher annehmen falsch liegen würden, …
      • Wenn es keinen zeitlichen Druck geben würde, was würdet ihr empfehlen?
  • 13.   Frage deine Kunden einem Mal:
    • Wie würdest du es finden, wenn dieses Feature vorhanden wäre?
    • Wie würdest du es finden, wenn dieses Feature nicht entwickelt wird?